ansTageslicht.de

Blog: Dokumentationszentrum Couragierte Recherchen und Reportagen

Kooperation: ansTageslicht.de und DIE ZEIT

  • „Aufgrund des Kündigungsziels (August 1997) wird keine Veranlassung gesehen, sich an die Beachtung der vertraglichen Pfändungsschutzbestimmungen zu halten“
  • „Frau Fuchs dürfen hierzu keinerlei Unterlagen mehr ausgehändigt werden“
  • „Frau Fuchs soll mit trivualen Aufgaben betreut werden, um sie daran zu hindern am normalen Geschäftsablauf teilnehmen zu können“
  • „Der Kundenstamm von Frau Fuch soll ihr peu à peu entzogen und auf andere Mitarbeiter verteilt werden. Dabei soll strikt darauf geachtet werden, daß man Frau Fuchs Fehler nachweist und diese mit angeblichen Kundenbeschwerden untermauert.“
  • „Es muss deutlich kommuniziert werden, daß Mitarbeiterkontakte zu Frau Fuchs jeglicher Art nicht dienlich für das persönliche Fortkommen in der DG Bank, sowie für die weitere dienliche Zusammenarbeit mit der DG Bank, sind.“

Zitate aus einem 4 ½-seitigen Dokument der DG Bank, die heute DZ Bank heißt: ein Mobbingprotokoll (www.ansTageslicht.de/Mobbingprotokoll, PDF), Datum: 7. 4. 1997. Obwohl bereits 16 Jahre her dauern die Folgen bis heute an: Am Montag wird in Frankfurt/M. die Kündigung Nr. 19 vor dem Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz verhandelt. Kündigung Nr. 20 ist längst ausgesprochen.

Hintergrund: Andrea Fuchs, eine erfolgreiche Wertpapierhändlerin, hatte einen großen Deal an der Angel: den Verkauf eines Aktienpakets im Umfang von (umgerechnet) 220 Millionen Euro. Auflage des Kunden und des Maklers: Weder die Aachen-Münchner noch die Allianz durften von der Veräußerung erfahren. Die Vorgesetzten in der DZ Bank indes versuchten eigene Interessen dabei zu verquicken – der Deal platzte. Der Bank entgingen rund 7 Millionen Euro Provisionen. Jetzt musste ein ‚Schuldiger’ gefunden werden: die Wertpapierhändlerin. Sie wurde fristlos gekündigt – mit Kündigung Nr.1. Danach: eine Kündigungskaskade bis heute.

Das Leben der damals 34jährigen ist verpfuscht. Ihre Vorgesetzten machten Karriere: einer als Vorstand bei der Helaba, der ehem. DZ-Bank-Vorstandschef ist heute Vorsitzender des Aufsichtsrats der HRE Bank, der Dritte persönlich haftender Gesellschafter bei der Fürst Fugger Privatbank in Augsburg.

Vor Gericht hat sich Andrea Fuchs – bisher – nur sehr schwer durchsetzen können – nur mit Nachweis formaler Kündigungsfehler. Eine Bank, die nicht imstande ist, 18 Kündigungen korrekt auszusprechen? Oder eine Strategie, jemanden vollständig zu zermürben?

Weil die Berichterstattung in den Medien klassischerweise darauf abstellt, dass eine Geschichte möglichst originell, bizarr und/oder exklusiv sein soll (muss), aber nicht die Verantwortlichkeiten klärt oder Zusammenhänge aufspüren will, hat das „DokZentrum ansTageslicht.de“, das an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg in Forschung und Lehre eingebunden ist, diese Geschichte rekonstruiert und auch online aufbereitet. Gleichzeitig aber auch der Wochenzeitung DIE ZEIT zur eigenen Verwertung überlassen (In: DIE ZEIT, Ausgabe 18, Seite 25, „Dutzendmal gekündigt“). Unter www.ansTageslicht.de/DZBank sind nun alle Dokumente veröffentlicht, die von der DZ Bank und von der Staatsanwaltschaft an Deutschlands Bankenplatz Nr. 1 bisher immer zurückgehalten wurden, und für die sich – bisher – auch keiner der vielen Arbeitsrichter interessiert hatte. Die Akten hätten eine andere Geschichte erzählt.

Jetzt werden die Studierenden in Hamburg (z.B. Fach Management) testen, wie dieser Fall weitergeht. Konkret: Wie sich die damals und heute Verantwortlichen dieser Situation stellen.

Nachfragen:
Prof. Dr. Johannes Ludwig, HAW Hamburg, DokZentrum ansTageslicht.de
mail@johannesludwig.de
0176 – 52 00 69 15

Filed under: Deutschland, DIE ZEIT, DokZentrum, Gesellschaft, Mobbing, Whistleblowing

Wächterpreis der Tagespresse 2010

Die Jury der in Bad Vilbel ansässigen Stiftung „Freiheit der Presse“ hat am 25. März über die Vergabe des bekannten und begehrten Journalistenpreises entschieden:

Der erste Preis (12.000 Euro) geht an ein Redaktionsteam des Bonner „General-Anzeiger“ für eine Serie über eklatante Missstände bei dem 200 Millionen-Projekt der Stadt Bonn „World Conference Center Bonn“ (WCCB). Über Monate hinweg haben sechs Journalisten – Lisa Inhoffen, Rita Klein, Bettina Köhl, Bernd Leyendecker, Florian Ludwig und Wolfgang Wiedlich – den Bau verfolgt und eine Fülle von Fehlentwicklungen, Leichtfertigkeiten und Verschwendungen transparent gemacht. Die Probleme eines Großprojekts unter kommunaler Regie werden an diesem Fall drastisch deutlich.

Den zweiten Preis (8.000 Euro) erhält Christine Kröger, Redakteurin beim „Weser-Kurier“, Bremen, wurde von der Jury für ihre hartnäckigen Recherchen im Rockermilieu ausgezeichnet. Dabei stieß sie bei der Begleitung eines Strafverfahrens um Mitglieder der „Hells Angels“ und „Banditos“ auf Verbindungen zur organisierten Kriminalität und zugleich auf Verharmlosungen dieses Phänomens durch die zuständigen Behörden.

Der dritte Preis (6.000 Euro) geht an den Redakteur Roland Kirbach – DIE ZEIT. Er lieferte eine auszeichnungswürdige Analyse von Finanztransaktionen deutscher Gebietskörperschaften und dokumentiert dabei in verständlicher Weise die Praxis des „Cross-Border-Leasing“, mit der viele Kommunen ihre Finanzen und damit ihre Steuer- und Abgabenzahler erheblich belastet haben.

Der Wächterpreis für Volontäre (4.000 Euro) geht an Steven  Hanke, Volontär bei der „Märkische Allgemeine“ (MAZ) in Potsdam. Er untersuchte die Praxis der Verteilung von Bußgeldeinnahmen durch Richter und Staatsanwälte. Anhand der Empfängerlisten wirft er in seinem Artikel „Die Spendierroben“ die Frage nach den Kriterien für die Auswahl der Empfängerorganisationen auf.

Die Preise werden am Mittwoch, den 5. Mai 2010, im Rahmen einer Feierstunde im Frankfurter Römer übergeben. Zu diesem Zeitpunkt wird dann auch die ausführliche Dokumentation über alle 4 Geschichten online gehen:
–    wie die Affären und Skandale entstanden sind
–    wie die Medien davon erfahren und wie sie recherchiert haben
–    wer alles die Akteure und Beteiligten sind
–    wie die Geschichten weitergehen und was sich danach verändert (oder auch nicht).

Nachzulesen unter
www.waechterpreis.de/aktuell oder
www.ansTageslicht.de/waechterpreis

Für Rückfragen zu den Preisen: Gebhard Ohnesorge, Geschf. Vorstand Stiftung „Freiheit der Presse“, Telefon 06101 – 988 90, 06161 – 582023 oder 0171 6202288, waechterpreis@vhzv.de

für alle anderen Rückfragen:

1) Prof. Dr. Johannes Ludwig, mail@johannesludwig.de, 0176 – 52 00 69 15
2) Ingo Eggert, redaktion@ansTageslicht.de, 0174 – 291 76 01

Filed under: DIE ZEIT, Dokumentation, investigativer Journalismus, Journalismus, Macht, Medien, Medienlandschaft, Politik, Tagespresse, Vorteilsnahme, Watch-Dog, Wächterpreis

Realistisch, nicht befriedigend!

Debatten zur Energiewirtschaft

von Marc Alexander Holtz & Tim Kinkel

Nach Angaben der Deutschen Bundesregierung ist „der weltweite Energieverbrauch (…) gegenwärtig fast doppelt so hoch wie zu Beginn der 70er Jahre. Die wichtigsten Energieträger sind: Öl (34 Prozent), Kohle (24 Prozent) und Gas (21 Prozent). Erneuerbare Energieträger decken 14 Prozent, die Kernenergie 7 Prozent des globalen Energieverbrauchs“ (DIE BUNDESREGIERUNG 2007).

Die mit den vorhandenen Technologien erschließbaren Ölvorkommen gelten als rar und die Verknappung der Ressource steigert den Preis des wertvollen Rohstoffs. Der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie ist an und für sich beschlossen. Stein- und Braunkohle sind als Klimakiller gebrandmarkt.

Mit 300 Mio. Tonnen jährlichem CO2-Ausstoß durch die Nutzung fossiler Brennstoffe zur Energiegewinnung führt Deutschland die Rangliste der Kohlendioxid-Emittenten in Europa an. Politisch hat man Konzepte entwickelt, um sich längerfristig diesem Problem zu entledigen. Doch stoßen die politischen Interessen auf die der Energiewirtschaft. Die EU will den Anteil regenerativer Energien bis 2020 auf 20% anheben, die Bundesregierung hat diese Vorgabe um weitere 7% erhöht. Um dieses Ziel zu erreichen, wird ab 2008 die Vergabe von Emissionszertifikaten reduziert und damit die Energiegewinnung durch Kohle und Gas verteuert. Durch diese Maßnahme sollen Produzenten regenerativer Energien im Wettbewerb auf dem Strommarkt Vorteile entstehen. Gleichzeitig ergibt sich daraus der politische Appell an E.on & Co., künftig vermehrt in Technologien zur umweltfreundlichen Energiegewinnung zu investieren.

Vattenfall Europe setzt weiter auf Braunkohle: im Oktober 2007 kündigt die Konzernzentrale an, in der Lausitz drei neue Braunkohlegebiete zu erschließen. Dafür sollen fünf Dörfer der Kohle weichen und ca. 900 Menschen umgesiedelt werden. Politische Überzeugungsarbeit zur Erschließung der fossilen Gewinnquellen leistet Vattenfall mit der geplanten Investition in neue Verstromungstechnik, die bei gleich bleibender Stromproduktion deutlich weniger Kohlendioxid freisetzen soll. E.on und RWE haben ähnliche Vorhaben angekündigt, um vorhandene Energiequellen nicht aufzugeben und dennoch der politischen Forderung nachzukommen.

Diese Argumentationslinie, die politischen Klimaschutzziele erfüllen zu wollen und gleichzeitig den steigenden Energiebedarf zu decken, verfolgen die Stromriesen auch, wenn sie vor Gericht ziehen, um dort die Verlängerung der Laufzeiten ihrer Atomkraftwerke einzuklagen. Von der zusätzlichen Endlagerung radioaktiven Abfalls abgesehen, gelten nach der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) Kernkraftwerke als besonders emissionsarme Quellen der Stromerzeugung, so lange nicht ausreichend andere Energiequellen ohne Treibhausgasemissionen zur Verfügung stehen.

Nun sind die großen Stromproduzenten in Deutschland im Bereich der regenerativen Energien nicht untätig. RWE wie E.on beziehen einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer selbst produzierten Energie aus Wind- und Wasserkraft sowie aus Biogas und Biomasse. Der Düsseldorfer Stromanbieter E.on ist nach Angaben der Wochenzeitung Die ZEIT sogar größter Ökostrom-Produzent Deutschlands, europaweit strebt der Konzern eine führende Rolle an. Beim RWE-Konzern entspricht die aus regenerativen Energiequellen gewonnene Leistung inzwischen der von zwei Atomkraftwerken. E.on reagiert auf den zunehmenden politischen und gesellschaftlichen Druck sowie das zunehmende Umsatzpotential im Bereich der Ökostromgewinnung mit der Ankündigung einer Investition von 3 Mrd. Euro bis zum Jahr 2010 in den Ausbau „grüner“ Energieerzeugungsanlagen. Da es sich bei E.on & Co. um auf Effizienz und Gewinn ausgerichtete Konzerne handelt, werden die Investitionen vorwiegend dort getätigt, wo die Aktionäre diese Kriterien erfüllt sehen. Spanien, Frankreich und die britische Küste scheinen derzeit rentablere Standorte zu sein als das Heimatland selbst. Das Engagement bezüglich des deutschen Offshore-Pilotprojekts „Alpha Ventus“ in der Nordsee hält sich auf Grund der enormen Kosten für Windräder und das noch fehlende Transportnetz in Grenzen.

Nichtsdestotrotz kann die deutsche Branche der Erneuerbaren Energien eine imposante Entwicklung vorweisen. Im Jahr 2006 hat dieser Wirtschaftszweig 214.000 Menschen beschäftigt und einen Gesamtumsatz in zweistelliger Milliardenhöhe erwirtschaftet.

Um den Wettbewerb weiterhin anzutreiben, fordern Politiker europaweit eine Öffnung der Stromnetze. Nach der EU Kommission sollen die Netze unabhängigen Betreibern zugänglich gemacht oder vollständig ausgegliedert werden. Der Erfolg dieser Unternehmung setzt eine Zusammenarbeit auf internationaler Ebene voraus, wobei ein politischer Konsens der beteiligten Staaten in Bezug auf ihre Energiepolitik gefunden werden muss. Durch die Erweiterung des Wettbewerbs mit Hilfe von Deregulierungsmaßnahmen erhofft man sich eine sozialverträglichere Preispolitik von Seiten der Stromerzeuger. Sprich: niedrigere Strompreise für den Endverbraucher. Der Gefahr, dass die aktuellen Oligopolstrukturen des Energiemarktes den Stromerzeugern eine willkürliche Preisbildung erlauben, will man mit dieser Forderung entgegenwirken.

Durch die gegenwärtige Debatte um die Sicherung der Energieversorgung und die Höhe der Strompreise gerät der Aspekt des sparsamen Umgangs mit Energie auf Seiten der Nutzer immer weiter in den Hintergrund, „weil es einfacher ist, Politik für ein paar Energieanbieter zu machen als für Millionen Energiekonsumenten“ (DIE ZEIT, 13/2006 – Claude Mandil, Chef der internationalen Energieagentur). Solange die Verschwendung von Energie in den Millionen Haushalten Deutschlands, die bei Effizienzstudien des Statistischen Bundesamts deutlich wird, anhält, ist die vorrangige Diskussion um das Erschließen neuer Energiequellen, ob regenerative oder konventionelle, fraglich. Statt ausschließlich in neue Techniken zur Reduktion von CO2-Ausstoß bei der Kohlegewinnung, in Gerichtsverfahren zur Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken oder in Anlagen erneuerbarer Energien zu investieren, wären Teile der horrenden Ausgaben u. U. besser in Aufklärungskampagnen für sparsameren Stromverbrauch angelegt. Nach Angaben des Leiters der Politikabteilung der deutschen Umwelthilfe, Gerd Rosenkranz, bedeute Energieeffizienz, dass im Falle erfolgreicher Aufklärungsarbeit, ein ausgemustertes Kraftwerk einfach nur nicht ersetzt wird. Das klingt realistisch. Gegenüber den in Superlativen formulierten Versprechen der Energiewirtschaft und Politiker jedoch wenig befriedigend.

Dossier ENERGIE

Filed under: Braunkohle, CO2-Ausstoß, Deutschland, DIE ZEIT, E.ON, Energie, Energiekonzerne, Energielieferanten, Energiepolitik, Energiepreise, Energieverbrauch, Energiewirtschaft, fossile Brennstoffe, fossile Ressourcen, Investitionen, Klimaschutz, Klimawandel, Politik, Ressourcen, RWE, Steinkohle, Strom, Stromerzeuger, Stromverbrauch, Stromversorgung, Stromwirtschaft, Treibhauseffekt, Vattenfal, Versorgungssicherheit, Wirtschaft