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Blog: Dokumentationszentrum Couragierte Recherchen und Reportagen

Tschetschenien – der vergessene Krieg

Tschetschenien liegt weit weg – in Kilometern gerechnet und in Einheiten öffentlicher Wahrnehmung. Obwohl in einigen Zeitungen ab und an Meldungen aus dem fernen Land auftauchen.

Im April 2007 gab es wieder meldenswerte Neuigkeiten: Ramsan KADYROV (KADYROW), Amateurboxer und Anführer der so genannten Kadyrowzy, einer schwerbewaffneten privaten Söldnertruppe, und Sohn des 2004 bei einer Bombenexplosion umgekommenen Präsidenten von Tschetschenien Achmad KADYROV, wurde nun selbst Präsident – er war Wladimir PUTIN’s (einziger) Kandidat, und so war es dann auch gekommen. Bis dahin hatte er sich um den „Aufbau“ des Landes verdient gemacht und bekam von Russlands Präsident PUTIN den Orden „Held Russlands“ verliehen – eine hohe Auszeichnung.

KADYROV’s verdienstvoller Job: mit seinen Tausenden von Privatsöldnern Aufständische, d.h. „Terroristen“ zu eliminieren. Als Terrorist gilt, nachdem das Land wieder unter russischer Oberhoheit steht, sprich offiziell unwidersprochen Bestandteil der „Russischen Föderation“ ist, jeder, der ernsthaft von der Unabhängigkeit Tschetscheniens zu träumen wagt.

Offiziell gibt es in Tschetschenien nicht mehr Krieg – auch die beiden Tschetschenienkriege 1994-1995 und 1999-2000 sind offiziell immer für „beendet“ deklariert worden. Tatsächlich aber sind Übergriffe, Entführungen, Mord und Vergewaltigungen, Terror und Einschüchterungen an der Tagesordnung. Dies berichten immer wieder (sehr wenige) Informanten, Menschenrechtsorganisationen und andere parlamentarische Untersuchungskommissionen, sofern sie in das Land hineingelassen werden.

Medien, d.h. Pressevertreter dürfen und können nur mit offizieller Anmeldung und Genehmigung nach Tschetschenien. Alles wird überwacht und streng kontrolliert: der Flughafen, die wenigen Eisenbahnlinien, alle Strassen. Staatliche „Führer“ folgen Medien auf Schritt und Tritt – eine unabhängige Berichterstattung ist nicht möglich.

Trotzdem gibt es immer wieder Journalisten, die es im Dienste der Öffentlichkeit riskieren. Anna POLITKOVSKAJA war eine von ihnen – rund 50 heimliche Recherchereisen hatte sie unternommen und letztlich dafür mit ihrem Leben bezahlt.

Zwei Moskauer Korrespondenten aus Deutschland, Tomas AVENARIUS für die Süddeutsche Zeitung und Florian HASSEL für die Frankfurter Rundschau, hatten sich 2002 zusammengetan, obwohl sie eigentlich ‚Konkurrenten’ waren. Sie sind ebenfalls heimlich und unerkannt nach Tschetschenien gefahren, um von dort – wenigstens zwischendurch mal – authentisch darüber berichten zu können, was dort vor sich geht.

„Der Vergessene Krieg“ – so haben sie ihre Berichte beschrieben, die in Deutschland parallel in der Süddeutschen Zeitung (SZ) und der Frankfurter Rundschau (FR) zu lesen waren.

Da Tschetschenien auch in unserer Aufmerksamkeit oder Gedächtnis weit weg ist, haben wir – um die Zusammenhänge deutlich zu machen – 2 Chronologien über das Land zusammengestellt: einen kurzen Überblick, in dem nur die allerwichtigsten Informationen ganz knapp enthalten sind, und eine etwas längere Chronologie, die auch ein klein wenig historisch den Ablauf der Ereignisse erklären kann.

Derjenigen, der im Westen das größte Verdienst um Aufklärung gebührt, ist ein ausführliches Portrait gewidmet: Anna POLITKOVSKAJA.

Über die Zeitung, für die sie geschrieben hatte, die Novaja Gazeta in Moskau, wird es künftig Informationen beim Wächterpreis geben. Das kleine, aber unerschrockene Blatt, hat 2007 den Henri-Nannen-Preis für ihr Engagement in Sachen Pressefreiheit zugesprochen bekommen.

Über eine andere Zeitung aus Tschetschenien für Tschetschenien, die sich in den ganzen kriegerischen und politischen Wirren bis heute unabhängig erhalten konnte, werden wir zeitnah ebenso informieren. Die Zeitung publiziert auch in englischer Sprache: Tschetschenskoe bzw. Chechen Society.

Offiziell existieren in Russland demokratische Spielregeln und ebenso amtlich bestätigt herrscht dort Pressefreiheit. Wir stellen einige Informationen zusammen, die dieses Bild ein wenig trüben: Pressefreiheit in Russland.

Dazu gehört – leider – auch eine Liste all der Namen, die im Zusammenhang mit der Berichterstattung aus oder über Tschetschenien ums Leben gekommen sind: Getötete und ermordete Journalisten.

Redaktion Wächterpreis

Dossier TSCHETSCHENIEN 

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Die Ruhrgas-Affäre

Wer würde nicht gerne mal nach Norwegen fliegen, mit Begleitperson, und das, ohne etwas für die Reise zu bezahlen?

In diesen Genuss konnte man in der Vergangenheit leicht kommen, wenn man beispielsweise als Lokalpolitiker gleichzeitig in einem Aufsichtsrat der kommunalen Stadtwerke saß. Auch Gesellschafter und Prokuristen der Stadtwerke sowie Journalisten der Kommunen flogen gerne mal mit – zu dem einen oder anderen Ausflugsziel. Eingeladen wurden sie durch die Konzerne E.ON und die RWE-Tochter Thyssengas, die auf diese Weise eine besondere Art der „Klimapflege“ betrieben und mit noblen Reisen, Museumsbesuchen und exquisiten Essen ihre Abnehmer bei Laune hielten.

Die angebotenen Reiseziele konnten sich sehen lassen, es ging unter anderem nach Athen, Florenz, Paris, Barcelona, Moskau, Istanbul, St. Petersburg, Lissabon, ins näher gelegene Elsass oder zur Cezanne-Ausstellung nach Essen, um nur einige der Ausflugsziele zu nennen.

Erst ein Artikel im April 2005 von Ekkehard Rüger in der Westdeutschen Zeitung/ Redaktion Bergischer Volksbote und eine darauf folgende anonyme Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Köln brachte eine Lawine ins Rollen. Es ging um die Frage, ob das Vorteilsnahme, Bestechung oder gar Korruption sein könnte, wenn beispielsweise „Amtsträger“ im Zuge ihrer Amts- und Dienstgeschäfte sich von jenen einladen lassen, die geschäftlich über die Entscheidungsgewalt der Amtsträger gerne zum Zuge kommen würden – z.B. indem sie Strom oder Gas verkaufen.

Die Kosten der teilweise auch als „Informationsreisen“ deklarierten Fahrten beliefen sich auf bis zu 120.000 Euro und wurden von den Energielieferanten und teilweise von den Stadtwerken finanziert. In der Chronologie sind die in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Reisen gelistet. Auch das als kleine Antwort auf die Frage, weshalb die Energiepreise in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sind. Warum 2 Bürgermeister(innen) nicht gefahren sind, lesen hier.

Die Zeitungsartikel, die alles ins Rollen gebracht haben, finden Sie unter Die Berichte. Wie der Redakteur Ekkehard Rüger auf diese Geschichte kam, hat er unter So begann die Geschichte beschrieben. Was Sie über Korruption wissen sollten (und bisher nie zu fragen wagten), steht unter Korruption – (kleine) Geschichte der Bestechung.

(tz)

INHALTSVERZEICHNIS ENERGIE

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Wächterpreis der Tagespresse

Der Wächterpreis der Tagespresse zeichnet couragierte Reporter aus, die in Wahrnehmung von staatsbürgerlichen Rechten, den Kampf um eine saubere Verwaltung aufnehmen, Übergriffe der Bürokratie oder anderer Machtgruppen recherchieren und darüber berichten und dabei ohne Rücksicht auf Namen und bestehende Verhältnisse Missstände schonungslos aufdecken.

Dies ist das Ziel des Wächterpreis der Tagespresse. So hat es die Stiftung, die die Preise vergibt, formuliert.

Missstände und Probleme gibt es überall. Oft weiten sie sich zu Affären und handfesten Skandalen aus. Und manchmal werden Lehren daraus gezogen, Missstände abgestellt, Gesetze verändert oder sonstige Konsequenzen gezogen.

Die Medien haben – neben ihrem Job der Nachrichtenvermittlung – auch die Aufgabe, den Finger in solche Wunden zu legen. Man nennt dies öffentliche Aufgabe der Medien. Oder auch Watch-Dog (Wachhund)-Funktion.

Die Website will diese für eine funktionierende Demokratie wichtige Aufgabenteilung bekannter und transparenter machen. Sie richtet sich an alle, die Zeitungen und Zeitschriften lesen oder das Zeitgeschehen im Fernsehen verfolgen. Sie ist aber auch für die Medien selbst gedacht sowie für die Forschung und die Wissenschaft, die untersuchen, wie die Medien und die öffentliche Kommunikation funktionieren.

Deshalb werden ab 2004 die mit dem Wächterpreis ausgezeichneten Geschichten und Berichte vollständig dokumentiert und mit weiteren Informationen präsentiert.

Sie können daher auf der Website des DokZentrum anstageslicht.de erfahren, wie die durch den Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichneten Geschichten letztlich weitergehen, welche Reaktionen sie auslösen und wie sie entstanden sind.

Der „Watch-Dog“ – Preis wird nur für Berichte vergeben, die in Tageszeitungen zu lesen waren bzw. von Tageszeitungsjournalisten aufgedeckt wurden. Viele solcher Themen sind aber oftmals Ergebnis unterschiedlicher Kooperationen oder Arbeitsteilungen auch im Bereich der Medien selbst, beispielsweise wenn eine Zeitung und das Fernsehen mehr oder weniger gleichzeitig eine Geschichte enthüllen. In solchen Fällen wird auch dies dokumentiert, wie solche „Geschichten“ zum öffentlichen „Thema“ werden.

Marc Alexander Holtz

Redaktion DokZentrum

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